Archiv der Kategorie: Lehrdarlegung

Rundbrief des Buddhistischen Klosters Bodhi Vihara im Januar 2013/2556

Liebe Freunde, Unterstützer und Weggefährten,

Namo Buddhaya!

Für eure tatkräftige Unterstützung und euren verlässlichen Einsatz im letzten Jahr möchte ich Euch im Namen von Kloster und Gemeinschaft aufrichtig Dank sagen. Auch darf ich Euch alle beglückwünschen. Denn das aus euren heilsamen Taten entstandene gute Karma (kusala-kamma) wird Euch mannigfaltiges Lebensglück und wohltuende Geistesfreuden bescheren. Darüber hinaus bringt Euch euer selbstloses Handeln in Gedanken, Worten und Werken Schritt für Schritt – und seien es auch noch so kleine Schritte – immer näher Richtung Ausgang zur letztendlichen Befreiung: Nibbana!

Gerade weil wir uns bewusst sind, wie schwer es ist diesen Weg zu gehen und auf ihm beständig Fortschritt und keinen Rückschritt zu machen, dürfen wir uns an unsere eigene Gebefreudigkeit  zurückdenken (caga-anussati), und darüber freuen, etwas in unserem Leben ganz sicher richtig gemacht zu haben. Die Unterstützung der Buddhasasana, dem großen Heilswerk des Erwachten, an dem jedermann teilhaben kann sofern sich sein Herz dazu neigt, wird von jedem einzelnen von Euch durch seine monatliche Spende und durch seinen Einsatz geleistet. Damit schafft Ihr die Bedingungen und Umstände, dass Buddhistisches Leben und Lernen in Deutschland immer mehr Realität und Möglichkeit wird.

Bis es jedoch eine Selbstverständlichkeit geworden sein wird, haben wir noch einen weiten Weg vor uns. Wir wissen, eine Reise von 10.000 Meilen beginnt mit einem ersten Schritt! Und auch wenn wir, verglichen mit den anderen hiesigen Religionen, wirklich noch völlig am Anfang stehen, ja sogar nicht einmal das nötige Schuhwerk für die Reise besitzen, haben wir hier in Freising im letzten Jahr weiter unbeirrt Fortschritte gemacht.

Auch im neuen Jahr 2013 n.Chr. / 2556 n.Bdh. benötigen wir Eure Unterstützung um auf diesem Weg voranschreiten zu können. Bis dass jeder Mann und jede Frau in Deutschland den Buddhadhamma erlernen, langfristig oder auch nur für einen Kurzaufenthalt in einem buddhistischen Kloster Zuflucht finden und ohne Bangen über das Überleben sich mit ganzem Herzen und ungeteilter Aufmerksamkeit der Erringung der Freiheit von Alter, Krankheit und Tod widmen kann – solange wollen wir unentwegt weiter danach streben, dies zu ermöglichen!

Deswegen helft und packt mit an, so dass wir alle auch in Deutschland das Menschenrecht auf Befreiung (vimutti) aus dem Samsara wahrnehmen können! Selbst wenn Ihr in diesem Leben noch nicht intensiv die Buddhalehre lernen oder gar Mönche und Nonnen werden wollt, müsst Ihr wissen: Auch Ihr werdet eines zukünftigen Lebens durch eure jetzige Ermöglichung der buddhistischen Übung anderer Menschen selbst in den Genuss kommen, dass Euer Weg geebnet und Euer Meditationssitz bereitet sein wird, von dem Ihr dann mit Leichtigkeit und ohne Gegenwind aufsteigen könnt in die Freiheit vom achtfachen Leiden, sei es im häuslichen Leben oder in der monastischen Hauslosigkeit.

Auch wenn jeder letztendlich den Weg in der Abgeschiedenheit seines Geistes alleine gehen muss, hat der Buddha doch eine Gemeinschaft gegründet, deren Mitglieder sich gegenseitig fördern und stützen und an der Ihr teilhaben könnt, wenn Ihr euch für diese einsetzt und die Lehre des Buddhas innerhalb und zusammen mit ihr umsetzt.

Wahrlich, wie glücklich dürfen wir uns schätzen, in diesem Leben dem Buddha, seiner Lehre und seiner Gemeinschaft begegnet zu sein! Wann sollten wir die Lehre des Buddhas anhören, ihr Vertrauen schenkt und sie üben, wenn nicht jetzt?

Abschließend noch ein formeller Hinweis auf die Aktualisierung des Mitgliedschaftsstatus aller bisher als Klosterunterstützer in der Dayaka-Liste eingetragen Unterstützer. Laut der am 25.11.2012 beschlossenen und ab 10.12.2012 gerichtlich gültigen Satzungsneufassung unseres Vereins, wurde zusätzlich zur ordentlichen Mitgliedschaft eine Fördermitgliedschaft eingeführt. Wir bitten alle bereits registrierten Klosterunterstützer, die keine ordentlichen Mitglieder sind, das Formblatt „MITGLIEDSCHAFTSAKTUALISIERUNG“ auszufüllen und unterschrieben an die Vereinsleitung einzureichen, damit Ihr auch gemäß der neuen Satzung als Unterstützer eingetragen seid.

Mit Metta grüße ich Euch alle

und verbleibe in Dhammafreundschaft,

Euer Bhikkhu Philipp Thitadhammo

Den Jungen ein Vorbild sein – Kostbarkeit und Aufgabe des Alters

Es gibt ein chinesisches Sprichwort, das da lautet: „Einen alten Menschen im Haus zu haben ist wie einen Schatz zu besitzen!“ Das ist ein durch seine tiefe Weisheit beeindruckender Spruch, der nicht nur für China gilt, sondern für das ganze Menschentum. Nun muß man aber einwenden, daß die besten Weisheiten der Vorfahren wirklich nur dann von Nutzen sind, wenn sie auch verstanden und angewendet werden. Und hier liegt wiederum gleich der Hase im Pfeffer verborgen:  Ist es nicht so, daß die Aussage dieses Spruches nicht mehr allgemein so gefühlt und nachvollzogen wird? Woran könnte das liegen? Man mag jetzt sagen, es liegt daran, daß eben alles schlechter wird, am Lauf der Zeit, an der Gedankenlosigkeit der Menschen, dem ständigen Zeitmangel und Dauerstress der Leute und schließlich der Jugend, die das nicht mehr begreifen will. Nun, man kann das Ganze auch einmal von einer anderen Seite betrachten. Liegt es nicht vielleicht daran, daß selbst unsere Alten von heute diese Gesetzmäßigkeit nicht mehr richtig verstehen, somit es auch ihren Kindern nie beigebracht haben? Ein alter Mensch –  das ist kein nutzloses Überbleibsel oder eine pflegeintensive Altlast. Nein! Ein alter Mensch – er ist das Kostbarste was unsere Gesellschaft überhaupt hervorbringen kann, die Ernte am Baum des Lebens mit seinen mannigfaltigen Früchten von Lebenserfahrung, Tugend, geistiger Bildung, Weisheit und liebevoller Güte. All diese großartigen Werte und Eigenschaften finden wir doch recht wenig unter den jungen, noch vom Jugendwahn gefangenen, von sinnlichen Lüsten getriebenen, von Geld- und Machtwahn vor den Pflug gespannten und vom Zeitgeist der Medien angepeitschten Menschen. Wehe ihnen, wenn sie die Nähe zu den Alten, die das Bindeglied zu den Altvorderen und dem gesamten Weisheitsschatz der Menschheit darstellen, verlieren. Und sei es in der Gestalt der tröstenden Großmutter, des mahnenden Großvaters, der weisen Rat spendenden Großtante und des auch in unruhigsten Zeiten nie die Geduld verlierenden Großonkels. Wichtig ist, daß die Alten selbst sich ihres Auftrages für die junge Generation bewußt werden, sie sich also auch verstärkt selbst schätzen lernen und durch die Selbstachtung eine Vorbildfunktion für die Jugend übernehmen. Auch wenn die körperlichen und geistigen Fähigkeiten im Alter nachlassen und sogar Pflege notwendig sein mag, ist doch der kostbarste Lohn für den, der die Pflege übernimmt, der Kontakt zum alten Menschen, der ihm sein junges Leben ungemein bereichern kann. Ein leuchtendes Beispiel aus der buddhistischen Tradition ist uns der Ehrwürdige Kassapa, der auch im hohen Alter immer noch an der strengen asketischen Übung festhielt, obwohl sie von den Mönchen nicht im Allgemeinen erwartet wurde. Als der Buddha ihm nahe legte, aufgrund seines vorangeschrittenen Alters, sich in seiner Askeseübung etwas Erleichterung zu erlauben, lehnte dieser jedoch aber, da er sich seiner Vorbildfunktion für die jungen Menschen bewußt war. Im Bambushain-Kloster sprach der Buddha zu ihm: „Kassapa, du bist alt geworden. Für dich sind die alten, schäbigen Lumpen lästig. Trage doch von Laien geschenkte Mönchsgewänder, nimm Einladungen zum Essen an und wohne in meiner Nähe!“ Kassapa ging nicht darauf ein mit der Begründung, er sei das Waldleben, das Tragen von Lumpenkleidung und den täglichen Almosengang nun einmal gewöhnt, ab. „Warum willst du denn daran festhalten?“ fragte der Buddha. „Aus zwei Gründen“, erwiderte Kassapa, „erstens weil es mir so bequemer ist, und zweitens tue ich es wegen der Nachwelt; ich will den kommenden Geschlechtern ein gutes Vorbild geben.“ Nachsichtig ließ der Buddha dies gelten: „Wenn du es wegen der Nachwelt tust, dann bleibe nur dabei!“ 1

Autor: Bhikkhu Thitadhammo

erschienen in: Zeitschrift der Seniorenpflege Haus Corbinian, Freising, Ausgabe Okt.-Dez. 2012

1 Vgl. Dr. Hellmuth Hecker, Die Jünger Buddhas. Leben, Werk und Vermächtnis der vierundzwanzig bedeutendsten Schüler und Schülerinnen des Erwachten.O.W. Barth (2000), S.148

Die weibliche Seite des Buddha

Ciñcā beschuldigt den Buddha

Vor kurzem erhielt ich von einer katholischen Akademie die Einladung zu einer Tagung zum Thema „Buddhas weibliche Seite“. Eine ganze Reihe von Fragestellungen werden im Einladungsschreiben aufgeführt, die allesamt dem komplexen Begriffsfeld Diskriminierung, Gleichberechtigung und Emanzipation entspringen und vielerlei Gedankenszenarien und Bewertungscluster hervorzurufen scheinen. Diese Form der Herangehensweise sind wir in großen Zügen auch gewohnt, ist es doch der modus ponens, den wir als Gesellschaftsmenschen bereits durch unsere Erziehung mitbringen oder im Fall von mangelnder Persönlichkeitsentwicklung individuell nachzuholen haben. Es ist ein karmisch bedingter Zugang zur Welt, ein sich Erschließen der Umwelt auf Grundlage eines definierten Codes der Wertigkeiten und Einstufungen, das letztendlich ein Ziel haben soll – das Erreichen einer allgemeinen Glückseligkeit innerhalb einer schönen neuen Welt, buddhistisch gesagt, das „Happy Samsara“. Daß es aber einen solchen Himmel auf Erden nicht geben kann und selbst die himmlischen Daseinsebenen nicht frei von leidvollen Zuständen oder gar der Unbeständigkeit enthoben sein könnten, zeigte der Buddha in seinen 45 langen Lehrjahren immer wieder allen seinen Zuhörern geduldig auf. Aus seinen Unterweisungen und öffentlichen Lehrvorträgen wird unmißverständlich klar, daß der Erwachte keine weibliche Seite, auch keine männliche Seite oder überhaupt eine Seite hatte. Der Buddha, er war ein Wesen ohne Ecken und Kanten und somit ohne Seiten. Deswegen wird er auch als der Tathagata, ein Sogekommener und Sogegangener, gepriesen und es ist eben diese Unabhängigkeit und völlige Emanzipation aus dem geschlechtsbefangenen Denken ein Teil der Beschaffenheit eines solch erhabenen Wesens, welches die Drei Welten restlos überwunden hat. Der Buddha bezeichnet dieses Verstricktsein in die Identifikation mit der auf Körperlichkeit basierten Geschlechtlichkeit als eine Form der Anschauung die beim Weltenmenschen zu finden und zu überwinden sei. Er benennt eben dieses Phänomen der Identifikation mit dem Körperlichen als einen Anspekt von sakkāya-ditthi. Körperlich war der historische Buddha Gotama männlichen Geschlechts, wie nach kanonischer Schrift ausnahmslos auch alle anderen Buddhas. Ob Lebewesen als Männer oder Frauen in diesem Leben erscheinen, hat seine karmische Bewandtnis, ist zwangsläufig durch vorherliegende Leben bedingt und obliegt unumstößlichen Weltgesetzmäßigkeiten. Die in der Tagungsbeschreibung angekündigte Frage, wie sich wohl Buddhismus und Emanzipation vertragen würde, ist nicht schwer zu beantworten – war es doch der Erwachte der die Emanzipation an sich er-„funden“ hat! Die Emanzipation aus dem existentiellen Unwissen, aus dem wogenden Daseinsozean von Attraktion (Gier) und Aversion (Haß) und aus der leidigen „Not!“-wendigkeit als Mann oder Frau in einer letztlich stets unbefriedigenden Welt erscheinen zu müssen. Wenn man den ursprünglichen Buddhismus, also den Buddhadhamma, ernst nimmt, erkennt man, daß was „der Buddhismus“ nach der ersten Ordensspaltung bis heute so alles hervorgebracht hat, weder auf eine Stierhaut noch auf eine Kuhhaut paßt.

Bhikkhu Thitadhammo

Textstellen aus den Lehrreden:

1. „Was sollte das Weibsein bedeuten, wenn das Denken gut gesammelt ist,

Wenn das Wissen vorhanden ist bei einem, der die höchste Wahrheit schaut?

Wer daran denkt: bin ich eine Frau oder bin ich ein Mann,

Oder bin ich überhaupt etwas? – zu dem darf Māra sprechen.“

(S.5.2. Somā Sutta)

2. Die Lehre von der Verbindung und Lösung will ich euch weisen, ihr Mönche. Das Weib, ihr Mönche, hat bei sich den Sinn auf Weiblichkeit gerichtet, auf weibliche Beschäftigung, weibliches Benehmen, weibliche Eitelkeit, weibliche Neigungen weibliche Stimme und weiblichen Schmuck. Daran Genuß und Gefallen findend richtet sie nach außen hin den Sinn auf Männlichkeit, auf männliche Beschäftigung, männliches Benehmen, männliche Eitelkeit, männliche Neigungen, männliche Stimme und männlichen Schmuck. Daran aber Genuß und Gefallen findend, sucht sie nach außen hin Verbindung. Und was da infolge der Verbindung an Freude und Fröhlichkeit entsteht, auch das sucht sie. Die an ihrer Weiblichkeit entzückten Wesen, ihr Mönche, sind an die Männer gefesselt. Auf diese Weise kommt das Weib über ihre Weiblichkeit nicht hinweg.

Der Mann, ihr Mönche, hat bei sich den Sinn auf Männlichkeit gerichtet, auf männliche Beschäftigung, männliches Benehmen, männliche Eitelkeit, männliche Neigungen, männliche Stimme und männlichen Schmuck. Daran Genuß und Gefallen findend, richtet er nach außen den Sinn auf Weiblichkeit, auf weibliche Beschäftigung, weibliches Benehmen, weibliche Eitelkeit, weibliche Neigungen, weibliche Stimme und weiblichen Schmuck. Daran aber Genuß und Gefallen findend, sucht er nach außen hin Verbindung. Und was da infolge der Verbindung an Freude und Fröhlichkeit entsteht, auch das sucht er. Die an ihrer Männlichkeit entzückten Wesen, ihr Mönche, sind an die Weiber gefesselt. Auf diese Weise kommt der Mann nicht über seine Männlichkeit hinweg.

So, ihr Mönche, kommt es zur Verbindung. Wie aber, ihr Mönche, kommt es zur Lösung?

Da, ihr Mönche, hat das Weib bei sich den Sinn nicht auf Weiblichkeit gerichtet, nicht auf weibliche Beschäftigung, weibliches Benehmen, weibliche Eitelkeit, weibliche Neigungen, weibliche Stimme und weiblichen Schmuck. Daran keinen Genuß und Gefallen findend, richtet es nach außen hin seinen Sinn nicht auf Männlichkeit, auf männliche Beschäftigung, männliches Benehmen, männliche Eitelkeit, männliche Neigungen, männliche Stimme und männlichen Schmuck. Daran keinen Genuß und Gefallen findend, sucht es nach außen hin keine Verbindung. Und was da infolge der Verbindung an Freude und Fröhlichkeit entsteht, auch das sucht es nicht. Die an ihrer Weiblichkeit nicht entzückten Wesen haben sich von den Männern gelöst. Auf diese Weise, ihr Mönche, kommt das Weib über seine Weiblichkeit hinweg.

Da, ihr Mönche, hat der Mann bei sich den Sinn nicht auf Männlichkeit gerichtet, nicht auf männliche Beschäftigung, männliches Benehmen, männliche Eitelkeit, männliche Neigungen, männliche Stimme und männlichen Schmuck. Daran keinen Genuß und Gefallen findend, richtet er nach außen hin seinen Sinn nicht auf Weiblichkeit, auf weibliche Beschäftigung, weibliches Benehmen, weibliche Eitelkeit, weibliche Neigungen, weibliche Stimme und weiblichen Schmuck. Daran keinen Genuß und Gefallen findend, sucht er nach außen hin keine Verbindung. Und was da infolge der Verbindung an Freude und Fröhlichkeit entsteht, auch das sucht er nicht. Die an ihrer Männlichkeit nicht entzückten Wesen haben sich von den Weibern gelöst. Auf diese Weise, ihr Mönche, kommt der Mann über seine Männlichkeit hinweg.

So, ihr Mönche, kommt es zur Lösung. Das, ihr Mönche, ist die Lehre von der Verbindung und Lösung. (A.VII. 48 Verbindung und Lösung)

3. „Männlicher Sinn und weibliches Wesen“ in: Buddhasasana, 2012-4, S. 17 – 21

PDF: http://www.dhamma.de/wp-content/uploads/2012/05/BuddhaSasana-1-4-2012_9-10-Druck-A5-0.8.1.pdf

 

Eine buddhistische Weihnachtsbotschaft

Goldene Bodhi Blätter aus dem winterlichen Freising

Goldene Bodhi Blätter aus dem vorweihnachtlichen Freising

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Das Weihnachtsfest ist in unserem christlich geprägten Europa allgegenwärtig und gehört in Deutschland traditionell zu den Tagen, die von den Menschen feierlich begangen werden. Jeder tut dies dabei auf seine eigene Weise. Die Weihnachtszeit selbst jedoch war in unseren Breiten bereits lange vor der Ankunft des Christentums eine besondere Zeit und ist es auch in vielen anderen Kulturen in seiner Bedeutung als Fest der winterlichen Sonnenwende. Genauso wird Weihnachten auch eine besondere Zeit für die langsam aufblühenden buddhistischen Gemeinden in Deutschland bleiben. Wir sind uns bewußt, daß alle Dinge in gegenseitiger Bedingung entstehen und sich wandeln – auch die Feiertage im Jahresrhythmus können hierbei keine Ausnahme bilden.

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Schauen wir in das ferne Ursprungsland der Buddhalehre. Dort hatte bereits zu Lebzeiten des Erhabenen, also vor 2500 Jahren, dieser vor dem Hintergrund der brahmanischen Religion mit ihren Festtagen seine Lehre dargelegt. Vom Buddha wurden die mit unserem Sonntag vergleichbar geheiligten Fastentage (Uposatha-Tage) der alten Religion übernommen, ebenso auch das Einhalten einer dreimonatigen Regenzeit (Vassa). Dies geschah, weil es bei den Menschen des indischen Kulturraums so Brauch war. Es war eine natürliche Einfügung der vom Buddha verkündeten Heilslehre in die Gegebenheiten der Umwelt von Mensch und Natur, also eine harmonische Integration in einen Lebensraum, wo Kinder und Erwachsene innerhalb und außerhalb der Familie, in Schule und in Arbeit sich begegnen und miteinander wirken.

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Für unsere junge buddhistische Gemeinde hier im Herzen Altbayerns sind daher die Weihnachtsfeiertage eine Gelegenheit, die buddhistischen Lehrinhalte auf eine europäische Weise zu betrachten, zu feiern und umzusetzen, so daß sie unserem gewachsenen Empfinden von Feiertagen gerecht werden. Wir wollen uns somit bewußt als Buddhisten in den bestehenden Kulturraum eingliedern und ihn bereichern. Aus der Weltgeschichte wissen wir, egal in welches Land die Buddhalehre gebracht worden ist – sie hat sich immer harmonisch in die bestehende Gesellschaftsordnung eingefügt und ist mit der Kultur des Landes verschmolzen. Buddhist sein heißt nämlich die Guten Dinge wertzuschätzen, das was heilsam und beglückend ist zu verfolgen und auszuüben. Buddhist sein heißt auch, nicht gegen etwas zu sein, sondern für etwas: Weisheit, Liebe und Mitgefühl für Andere. Dabei ist gerade die Befähigung zu Toleranz und Harmonie, Friedfertigkeit und Menschenliebe eine der größten Segnungen, welche die Buddhalehre der Menschheit gebracht hat. Das Licht dieses Segens füllt Gräben der Gefühlskälte auf und läßt Mauern der Abgrenzung zusammenbrechen.

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… Da strahlt, einer liebevollen Gemütes weilend nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit liebevollem Gemüte, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. In also geübter liebevoller Gemüterlösung, kann beschränktes Werk nicht mehr übrig bleiben, nicht mehr bestehn. … (M. 99)

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Hier im Freisinger Bodhi Vihara ist es unser Wunsch, buddhistisches Leben und Lernen in unserer bayerischen Heimat möglich werden zu lassen – und wir haben im vergangenen Jahr schon freudige Erfolge dabei erzielt. Langzeitlich gesehen geht dies jedoch nur, wenn auch eine eigene lokale buddhistische Lebenskultur entstehen kann. Dabei wollen wir viele wichtige Elemente der uralten buddhistischen Kultur aus dem asiatischen Raum bewahren und bei uns integrieren, damit die Verbindung zu den buddhistischen Kernländern und allen Buddhisten in der Welt gehalten werden kann. Auf der anderen Seite soll auch am hiesigen Jahreskreis auf buddhistische Weise teilgenommen werden können. So kann die Wertschätzung unserer Verbundenheit mit der Kultur des Abendlandes und ihren vielen kostbaren Errungenschaften zum Ausdruck gebracht werden.

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Mag auch anfangs mancher skeptisch sein, was nicht-buddhistische Festivitäten angeht. Dabei können wir erfreut sein zu wissen, dass der Erwachte für solche Dinge, also auch Weihnachten seinen Segen gegeben hat. Und wenn wir darüber etwas nachdenken: warum auch nicht?

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Pferdeopfer, Menschenopfer, Vollkommene Fessel, Siegestrunk,
Hemmungslos: diese großen Unternehmungen tragen keine reiche Frucht.
Wo Ziegen und Rinder, allerlei Lebewesen getötet werden,
Dieses Opfer besuchen die großen Weisen,
die Vollkommenheit erreicht haben, nicht.
Opfer aber ohne große Unternehmungen,
die in den Sippen ständig geopfert werden,
Wo Ziegen und Rinder, allerlei Lebewesen, nicht getötet werden,
Dieses Opfer besuchen die großen Weisen,
die Vollkommenheit erreicht haben.
Ein solches Opfer soll der Verständige darbringen,
ein solches Opfer trägt reiche Frucht.
Denn das gereicht dem Opfernden zum Vorteil, nicht zum Schaden.
Das Opfer ist ergiebig und es finden Wohlgefallen daran die Devatās. (S.3.9.)

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In diesem Sinne,

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Frohe und besinnliche Weihnachtsfeiertage – Mögen alle guten Wünsche in Erfüllung gehen!

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Herzlichst Ihr,

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Bhikkhu Philipp Thitadhammo