Ein Pfad für die Blinden

Am Dienstag haben wir einen Ausflug zu einer kleinen, abgelegenen Waldkapelle im Kranzberger Forst unternommen. Es ist ein besonderer Ort, fast schon ein Geheimtipp, den viele Freisinger von Waldwanderungen her kennen. Es gibt einen Verein, der sich liebevoll um Pflege und Erhalt dieses Kirchleins kümmert. Vom ehemals dort vorhandenen Weiler, einer Siedlung von nur ein paar Bauernhöfen, ist heute nichts mehr zu erahnen. Es bleiben zurück: schmiedeeiserne Grabkreuze, das Kirchlein und beruhigende Waldesstille.

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Die Inschriften der Grabkreuze zeugen auch heute noch vom entbehrungsreichen Los der Bauern und deren Gesinde, sowie ihrer inständigen Hoffnung auf Erlösung nach dem Tod, der ihnen die zu Lebzeiten verwehrt gebliebene Seligkeit bringen sollte. Auch fordern die gemalten Lettern auf den Grabmälern den Lebenden auf, für die Toten zu beten, auf daß sie nach einem harten Leben endlich Erlösung finden können. Im Geist des andächtigen Lesers formten sich Gedanken. ‚Wenn wir unser eigenes Leben schon nicht wesentlich durch Beten verbessern können, wie erst sollten wir es dann für Lebewesen nach ihrem Tod schaffen? Und ob der Tod nun wirklich das Glück bringen würde, welches einem lebtags über versagt war?‘

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Ein Stück weiter auf dem Waldweg fanden wir einen riesigen Ameisenhügel mit unzählig vielen, kleinen, fleißigen Wesen. Was für ein interessanter Anblick! Sie scheinen die heutigen Bewohner von Oberberghausen zu sein. Die Schrift auf den Grabkreuzen können sie jedoch nicht lesen und wissen nichts von der Sehnsucht nach Glück und Frieden ihrer Vorbewohner. Ohne auch nur einen lichtreichen Gedanken hervorbringen zu können, tummeln sie sich eifrig auf ihrem prächtigen Ameisenweiler.

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Besonders beeindruckend fanden wir den Pfad für Blinde- und Sehbehinderte, auf den wir bei unserer weiteren Wanderung durch die kühle Waldesluft mit Erstaunen stießen. Wer errichtet einen solchen Pfad in der Einsamkeit der Abgeschiedenheit? Er scheint neu angelegt worden zu sein – von Menschen, deren Sehvermögen unbehindert ist und denen keine Dunkelheit den Weg verschleiert. Wahrlich, die Errichter von solchen Pfaden, die Anleitung zum sicheren Vorangehen für die Blinden geben – was für großartige Wegweiser sind sie doch!

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Wenn euch aber, ihr Mönche, die Andersdenkenden fragen sollten: ‚Gibt es aber, ihr Brüder, einen Pfad, gibt es ein Vorgehen zur Durchschauung dieses Leidens?‘, dann wäre den Andersdenkenden also zu antworten: ‚Es gibt, ihr Brüder, einen Pfad, es gibt ein Vorgehen zur Durchschauung dieses Leidens‘.

Was aber, ihr Mönche, ist der Pfad, was ist das Vorgehen, um dieses Leiden zu durchschauen?‘ Es ist eben dieser edle achtfältige Pfad, nämlich rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechter Lebensunterhalt, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, rechte Einigung.

Das ist, ihr Mönche, der Pfad, das ist das Vorgehen zur Durchschauung dieses Leidens. So gefragt, ihr Mönche, wäre dieses den Andersdenkenden zu antworten (Samyutta Nikaya. 45.5. Zu welchem Zweck?)

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Zur weiteren Lektüre:

1. Historische Kleinigkeiten aus Freising – Oberberghausen bei Freising

2. Oberberghausen bei Wikipedia

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