Buddhistisches Leben und Lernen

Die alte Bischofsstadt Freising (dhammādhikārino nagara Frigisinga) war bereits im Mittelalter ein bedeutendes Zentrum religiöser Gelehrsamkeit und Wahrheitssuche. Den Domberg bezeichnete man mit dem Ehrentitel des „mons doctus“, dem Berg der Gelehrsamkeit (Pandita-pabbata). In nachmittelalterlicher Zeit wurden Gelehrsamkeit und Bildungsstreben institutionalisiert und eine bischöfliche Hochschule errichtet. Die Säkularisation unterbrach diese Tradition. Mit der Ankunft von buddhistischen Mönchen in Freising soll diese Tradition geistes-wissen-schaftlicher (citta-vijjā) Studien wiederbelebt werden. Buddhistische Gelehrsamkeit und Bildung, Schriftstudium und Lehrvermittlung sollen ganz dieser guten alten Freisinger Studientradition entsprechend betrieben werden und zum Segen für Stadt und Umland gereichen.

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Dhamma-Studium

Dhamma-Studium

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Dabei werden folgende Prinzipien besonders berücktsichtigt:

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Vier Umstände aber, ihr Mönche, gereichen zum Fortbestand der Guten Lehre, zu ihrer Erhaltung und Ausbreitung. Welche vier?

Da lernen die Mönche einen wohlverstandenen Lehrtext mit rechtem Wortlaut. Der Sinn rechten Wortlauts aber ist wohlverständlich. Dies, ihr Mönche, ist der erste Umstand, der zum Fortbestand der Guten Lehre gereicht, zu ihrer Erhaltung und Ausbreitung.

Ferner noch, ihr Mönche: da sind die Mönche der Belehrung zugänglich, besitzen Eigenschaften, die sie belehrbar machen; sie sind willfährig und schenken den Unterweisungen die rechte Achtung. Dies, ihr Mönche, ist der zweite Umstand, der zum Fortbestand der Guten Lehre gereicht, zu ihrer Erhaltung und Ausbreitung.

Ferner noch, ihr Mönche: jene Mönche, die wissensreich sind, mit der Lehre wohlvertraut, Kenner der Lehre, der Ordensregel und der Leitsätze, sie besitzen die Motivation, andere die Lehrtexte lernen zu lassen. Nach ihrem Tode sind dann die Lehrtexte nicht ihrer Träger beraubt, sondern haben eine Stütze. Dies, ihr Mönche, ist der dritte Umstand, der zum Fortbestand der Guten Lehre gereicht, zu ihrer Erhaltung und Ausbreitung.

Ferner noch, ihr Mönche: da sind die älteren Mönche nicht der Üppigkeit ergeben und nicht dem Müßiggang; sie scheuen das Abträgliche als eine Last, ziehen die Einsamkeit vor und strengen ihre Kraft an, um das Unerlangte zu erlangen, das Unerreichte zu erreichen und das Unverwirklichte zu verwirklichen. Und ihre Schüler ahmen das Gesehene nach: auch sie sind nicht der Üppigkeit ergeben und nicht dem Müßiggang; sie scheuen das Abträgliche als eine Last, ziehen die Einsamkeit vor und strengen ihre Kraft an, um das Unerlangte zu erlangen, das Unerreichte zu erreichen und das Unverwirklichte zu verwirklichen. Dies, ihr Mönche, ist der vierte Umstand, der zum Fortbestand der Guten Lehre gereicht, zu ihrer Erhaltung und Ausbreitung. (A.IV.160 Bestand und Schwinden der wahren Lehre)

Der ehrw. Thitadhammo lehrt die Freisinger Bevölkerung

Vermittlung der Lehre (dhamma-desana)

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Grundlegend für ein erfolgreiches Umsetzen der Buddhalehre ist die Verbindung von wissen-schaffender Gelehrsamkeit (pariyatti) und praktischer Übungen und Umsetzung in  Meditation und Alltag  (patipatti). Diese Vereinigung von buddhistischem Lernen und Leben allein führt zum erhofften Durchdringen (pativedha) der Wirklichkeit (dhamma), zum  Ausbilden des wahrheitsgemäßen Erkenntnisblicks (yathābhūta-ñānadassana) und zum letztendlichen völligen Erwachen (bodhi) aus der Umnachtung des Unwissens (a-vijja).

In Freising wird besonders das Studium der frühbuddhistischen Texte (tipitaka) gefördert, wobei als Textgrundlage sowohl die Fassungen in den alten Sprachen wie Pali oder Klassisches Chinesisch als auch die modernen Übersetzungen dienen.

Auch das Studium der historischen Entwicklung des Buddhismus, also die Weitergabe, Einbettung und Wandlung der ursprünglichen Lehre des Buddha im historischen, religiösen und kulturellen Rahmen verschiedener Länder soll in Freising betrieben werden. Ziel ist es ein tiefgehendes und breites Verständnis von weltlicher Erscheinungsform und sozialer Konventionen zu erhalten um eine passende und sinnvolle Form für das Umsetzen der Buddhalehre im Westen finden zu können.

Moderne Interpreten der buddhistischen Lehre wie der ehrw. Buddhadasa Bhikkhu und P.A. Payutto aus Thailand, Katukurunde Nyanananda aus Sri Lanka, Bhikkhu Bodhi aus Amerika und der ehrw. Yinshun 印順法師 aus China werden als Vorbilder, ihre Werke als Grundlagen und ihre Erkenntnisse als Ansätze für das Studium rezipiert. Diese Mönchsgelehrten der Gegenwart inspirien uns durch ihre profunden Kenntnisse der Lehre, durch ihren tugendenhaften Wandel und ihren unermüdlichen Einsatz für die Vermittlung und Bewahrung der Buddhalehre in unserer Welt. Als Buddhisten des deutschsprachigen Raums sehen wir in Dankbarkeit und Ehrfurcht zurück auf unsere altehrwürdigen deutschen Mönche und buddhistischen Pioniere wie den ehrw. Nyanatiloka und den ehrw. Nyanaponika sowie die  Laiengelehrten und exzellenten Übersetzer wie K.E. Neumann, Paul Debes, Fritz Schäfer, Hellmuth Hecker und viele andere.